Auch dieses Jahr wurden im Rahmen des Festivals der Natur diverse Veranstaltungen in der ganzen Schweiz durchgeführt. Diese Gelegenheit sollte genutzt werden und so wurde auch in unserer Sektion eine Exkursion angeboten.
Mit der Wanderung von der Schwägalp über die Hochalp nach Urnäsch wurde eine eher einfachere Route gewählt. Anders als beim SAC üblich, stand an diesem Tag die sportliche Aktivität in Hintergrund und die Wildtiere im Zentrum. Mit der Wahl der Route wurde auch aufgezeigt, dass in unmittelbarer Nähe von unserem Sektionsgebeit weitgehend unberührte Naturräume, die es zu bewahren und zu schützen gilt, vorkommen.
An diesem Tag ergründeten wir, welche Tiere im Gebiet der Wildruhezone vorkommen, was deren Ansprüche sind und warum der Lebensraumschutz für sie von grosser Bedeutung ist. Dieser Bericht handelt die wichtigsten Erkenntnisse daraus ab und zeigt auf, wie wir alle zu einem erfolgreichen Zusammenleben zwischen Menschen und Wildtieren beitragen können.
Der vielschichtigen Thematik näherten wir uns über die Lebensräume der Tiere. Die Topografie, die Höhenstufe und die Vegetation bestimmen unter anderen, welche Tiere vorkommen können. Von besonderer Bedeutung für den Rothirsch oder das Reh ist zum Beispiel eine kleinräumlich strukturierte Landschaft mit Wald und Offenland, die ineinander verzahnt sind. Sonnehänge werden im Winter und im Frühling bevorzugt, denn auf ihnen liegt weniger Schnee, respektive grünen Pflanzen früher. Eine vielfältige Landschaft, wie sie zwischen der Passhöhe und dem Chräzerenpass zu finden ist, bietet diesen Wiederkäuern einen optimalen Lebensraum.
Unsere einheimischen Tiere sind an ihre Lebensräume optimal angepasst. Sie wechseln zwischen Sommer und Winter ihr Fell, legen Fettreserven an oder nutzen andere Räume (Sommer- und Wintereinstände). Im Winter haben die Tiere dennoch mit unwirtlichen Bedingungen zu kämpfen. Futter ist kaum verfügbar, die Qualität ist schlechter, Schnee erschwert die Fortbewegung und kann eine Gefahr darstellen. Um Tiere, wie die Gämse, also nicht unnötig zu stören und ihnen das Leben im Winter nicht zu erschweren, ist es von eminenter Bedeutung, dass die Wintereinstände nicht, respektive nur auf den offiziellen und erlaubten Routen, begangen werden.
An einem nächsten Standort wurden von den Teilnehmenden lebensgrosse Abbildungen der im Gebiet vorkommenden Raufusshuhnarten (Auerhuhn, Birkhuhn, Haselhuhn) im Wald aufgestellt. Zusammen wurde besprochen, wie gross ein Auerhahn überhaupt ist, was die Vögel für Ansprüche haben und wo sie potentiell zu finden sind. Wir schlussfolgerten, dass ungestörte, lichte Wälder mit viel Heidelbeeren und Weisstannen einen idealen Lebensraum für sie darstellen. Forstleute werten in Waldreservaten vielerorts den Wald so auf, dass die spezialisierten Vögel einen artgerechten Lebensraum vorfinden. Auch hier ist es wichtig, dass wir Menschen den Vögeln ihren Lebensraum zugestehen und uns an offizielle Wege und Routen halten.
Aber nicht nur Wiederkäuer und Vögel sind Teil des natürlichen Lebensraumes. Zu einem intakten Ökosystem gehören auch Beutegreifer. Wolf, Luchs und Bär kehren in die Schweiz zurück. Obwohl diese Tiere nicht lange abwesend waren, habe wir verlernt, wie das Zusammenleben mit diesen eindrücklichen Tieren funktioniert. Mit bärensicheren Abfalleimern, Herdenschutzhunden oder dem einzäunen von Schafalpen lernen wir dies nun erneut. In der Ostschweiz leben aktuell 21 adulte Luchse und ab und zu schaut ein Wolf vorbei. Wildtiere werden als Beute bevorzugt und es wird nur so viel erbeutet, wie auch verzehrt wird. Wolf, Luchs und Bär sind bei uns zu Hause. Sie steigern die Biodiversität, fördern die Koevolution und verteilen ihre Beutetiere im Raum natürlich. Der Wald wird so gesund gehalten und die Wildtierpopulationen als Ganzes werden fitter. Schaden wird, objektiv gesehen, kaum verursacht.
Auf der Hochalp überblickten wir schliesslich das Gebiet der Wildruhezone und handelten die verschiedenen Schutzgebietskategorien der Schweiz ab. So gibt es den Nationalpark, Jagdbanngebiete und Wildruhezonen, die alle für den Schutz der grossen Säugetiere starke Bedeutung haben. In einem ökologischen Netzwerk sind aber selbstverständlich auch Naturschutzgebiete und Naturpärke von Wichtigkeit.
Der Exkursionsleiter gab den Teilnehmenden folgenden abschliessenden Gedanken mit auf den Weg: «In den Wäldern sind wir in den Wohn- und Schlafzimmer der Wildtiere zu Gast.» Als Gast verhält man sich gegenüber den Gastgebern rücksichtsvoll und respektiert Grenzen. Wenn wir diese Grenzen auf unseren Touren einhalten, kann ein Zusammenleben des Menschen und der Wildtiere optimal funktionieren.
Den spannenden Tag schlossen wir bei einem Getränk und interessanten Diskussionen in einem Restaurant in Urnäsch ab. Die Exkursion konnte als voller Erfolg verbucht werden und soll in ähnlicher Form im kommenden Jahr angeboten werden.
Adrian Hochreutener, Umweltschutzbeauftragter